
Am Freitag dem 29.4.2022 war es wieder soweit, Rammstein haben ihre aktuellste Platte rausgebracht und die Musikwelt unsicher gemacht.
Teils schwermütig, teils melancholisch, ja auch wieder hart und schmutzig, so oder so ähnlich könnte man es mit einigen wenigen Worten durchaus zusammenfassen wenn man es so wollte.
Und irgendwie passen die Themen welche im Album in den einzelnen Tracks angesprochen werden auch wieder gut in die heutige Zeit hinein.
Es ist gerade einmal 3 Jahre her, da haben die Jungs von Rammstein nach fast 10-jähriger Pause endlich wieder ein neues Album veröffentlicht und wollte zu diesem Anlass auf eine große Welttournee gehen. Doch leider machten die Pandemie-Maßnahmen, welche mehr oder weniger weltweit ergriffen wurden, ihnen einen großen Strich durch die Rechnung. Konzerte fielen auf unbestimmte Zeit aus, niemand wusste genau, wann das ganze aufhören sollte, alle waren sie zu einer Zwangspause verdonnert. Und als Musiker bedeutet das Auftrittsverbot überall, man darf nirgends mehr öffentlich auftreten und muss auf anderem Wege sein Geld verdienen und seine Zeit vertreiben.
Diese Zeit haben die Jungs rund um Till Lindemann genutzt, um neue Ideen zu sammeln und umzusetzen. Und rausgekommen ist nun dieses Album, welches das Ergebnis jener Zwangspause war in der die Band nicht auftreten konnte bzw. durfte.
Und in so mancherlei Hinsicht hat sich das auch wirklich gelohnt. Rausgekommen ist ein Album, welches auf so einige Abgründe blicken lässt, die der Mensch und sein Alltag mit sich bringen. Die ganze Welt ist eine Irrenanstalt wenn man so will.
So grau, so trist, so melancholisch und hart
Das Album fängt gleich direkt mit einem Track der härteren Sorte an, nämlich mit der Armee der Tristen. Es ist Depression und Desillusioniertheit pur wenn man so will. Wir wollen gemeinsam leiden, beteilige dich an unserem Leid, Du bist damit nicht allein. Komm mit, leide mit uns, wir wollen uns alle gegenseitig mit unserem Leiden runterziehen. Da ist keine Hoffnung, keine Zuversicht, nichts wofür es sich noch zu leben zu lohnen scheint. Es ist in gewisser Weise die Hymne der Depressiven und Hoffnungslosen, begleitet von einem stampfendem Beat und harten Gitarrenriffs.
Der folgende Track Zeit dürfte allen Interessierten sicherlich hinreichend bekannt sein. Die Zeit, sie schreitet unaufhaltsam voran, niemand kann sich ihr entziehen, sie nagt an alles und jedem. Es ist eines der deutlich seichteren Tracks auf diesem Album die auch die ruhigere Seite von Rammstein gut aufzeigt. Sie können eben nicht immer “nur” laut und hart, sondern auch mal weicher und sanfter sein bzw. spielen.
Niemand kann die Zeit aufhalten, unaufhaltsam schreitet sie voran und alles und jeder wird von ihr beeinflusst, ob es einem gefällt oder nicht. Man sollte einfach sein Leben, den Moment und das eigene Sein genießen und sich im klarem darüber sein, daß alles vergänglich ist. Nichts hält ewig.
Mit Schwarz geht es düster weiter, weiter in menschliche Abgründe. Im Schutze der Dunkelheit lebt es sich weitaus ungenierter, lässt sich viel leichter die schmutzige Seite des Lebens, des eigenen Seins aufzeigen und ausleben. Dieses Schwarz kann der Alkohol sein, das Bier, der Wein, das Absynth, um sein Leiden darin zu ertränken. Im Dunkeln lässt es sich halt auch besser munkeln. Die eklige, hässliche, schmutzige Seite des Menschen lebt dieser doch lieber in der Nacht aus, vor allem wenn man als Verstoßener der Gesellschaft lebt.
Ein melancholischer Track der sicherlich so manch einen da draußen ansprechen dürfte, dem es vielleicht wirklich so geht, gibt es auf dieser Welt mehr als genug von diesen traurigen Schicksalen die mit ihrem Leben nicht mehr viel anfangen können.
Härter geht es mit dem schnell gespielten Track Giftig weiter welcher wieder den altgewohnten, klassischen Rammstein-Sound erklingen lässt.
Hinterlist und Gefährlichkeit sind das Thema dieses Tracks. Ich muss da immer an Szenen denken, wo Frauen ihren “Geliebten” nicht lieben sondern in Wahrheit verachten, Todespläne schmieden und mit ihm schlafen in der Absicht, ihn zu töten. Der Mörder bzw. die Mörderin lauert überall, vielleicht steht man direkt neben ihm/ihr und weiß es nur noch nicht.
Die Frau, die gefährliche, hinterlistige, gemeine Giftschlange die nur darauf wartet, ihr Opfer, ihre Beute zu töten. Und am Ende ist es vielleicht sogar besser, zu sterben als weiter zu leben und weiter zu leiden wie man sich in der 3. Strophe vielleicht auch selbst denken kann.
Es gibt Leute, die mögen es gefährlich, sie lieben das Risiko, wir leben doch alle irgendwie ein wenig gefährlich. Es ist manchmal eben ein Leben am Limit.
Mit dem längst bekannten Track Zick Zack geht es typisch Rammstein weiter. Wieder einer der härteren Tracks die den alltäglichen, ganz normalen Wahnsinn auf dieser Welt gut beschreiben. Till hält auch diesmal der Welt den Spiegel vor und zeigt, wie krank, kaputt und pervers diese Welt doch immer wieder sein kann. In diesem Track ist von krankhaftem Schönheitswahn die Rede, und auch in der realen Welt gibt es mehr als genug Extrembeispiele dafür. Misslungene Schönheits-OPs die am Ende vielmehr eine Hässlichkeits-OP sind, wo Fett abgesogen wird als gebe es kein Morgen mehr, Brüste die so groß sind daß es nicht mehr schön anzusehen ist etc. Diese Welt ist eben doch ein sehr verrückter Ort und das wird hier wieder einmal mehr sehr deutlich klar gemacht.
In die Welt der Lust geht es mit OK weiter, wobei dieses Kürzel für “Ohne Kondom” steht und ja, es geht um genau das, wonach es sich anhört: Sex ohne Kondom.
Dieses allseits bekannte Verhütungsmittel, welches auch vor Geschlechtskrankheiten wie AIDS und Syphillis schützt, weiß nicht jeder zu schätzen, macht es doch ohne viel mehr Spaß, da nichts “dazwischen” ist.
Es geht im Grunde genommen einzig und alleine um hemmungslosen, kondomlosen Sex und das wird über den ganzen Track hinweg sehr eindeutig klar gemacht. Es ist sehr eindeutig, was mit dem stopfen von Löchern gemeint ist, dem im Text angesprochenen Nagel, dem Nageln, also eine andere Bezeichnung für den Sex, es wird nichts verklausuliert.
Mit Meine Tränen geht es wieder deutlich trister und deutlich ernster weiter. Es spricht die Gefangenschaft durch die eigene Mutter an die Vater und Kind misshandelt, Macht und Kontrolle ausübt, hemmungslos und und jede Gnade. Es gibt leider auch im wirklichen Leben solche Unmenschen, Mütter (und auch Väter) die nicht lieben können und/oder wollen. Dabei sind die Kinder die Leidtragenden, denn sie sind es, die Sklaven und Blitzableiter, Sandsäcke der Emotionen jener Ungestalten sind, die sie misshandeln und gefangen halten. Nur ihr Tod, also der Tod solcher Mütter, kann sie erlösen. Doch weshalb sollte man seine eigenen Peiniger betrauern? Eben, gar nicht. Auch dieser schwer und schleppend klingende Track ist geprägt von menschlichen Abgründen.
Auch wenn es Ansichts- und Geschmackssache ist, Angst ist eines der besten Tracks aus dem ganzen Album. Es hat das, was Rammstein ausmacht; Einen schweren, harten und unnachgiebigen Rammstein-Sound mit einem wirklich gut gelungenem Riff der für meinen Geschmack doch leider ein wenig zu kurz kommt. Das Hauptriff hätte eindeutig deutlich länger gespielt werden können. Dieser Track hat so viel Potential welches man hätte noch nutzen können.
Anerzogene Ängste, die Angst vor dem bösen, dem schwarzem Mann, dem Buhmann wie ihn einige auc h nennen, der ganze Wahnsinn, den Ängste nach sich ziehen können, das ist das eigentliche Thema in diesem Lied. Das dazugehörige Video beschreibt das auch noch mal ganz gut, dieses an und für sich ist auch wirklich sehr gut gemacht worden.
Massenmedien können die Köpfe aller nach Belieben kontrollieren und manipulieren, können Ängste und Hass schüren. Die in Menschen hineinprojizierten Ängste können einen in den Wahnsinn treiben, die ganze Welt ist und bleibt einfach eine einzige, riesige Irrenanstalt voller Verrückter.
Mit Angst lassen sich Menschen gut kontrollieren und manipulieren, schalten Ängste doch ihr rationales Denken weitestgehend oder sogar komplett aus. Der Schwarze Mann steht dabei sinnbildlich für ein gemeinsames, medial oder anerzogenes Feindbild welches bekämpft werden muss. Menschen ziehen aus einem Schutzbedürfnis heraus Mauern um sich herum hoch, ein jeder kämpft für sich. Das Böse, der Erschaffer des gemeinsamen Feindes, gibt ihnen zusätzlich noch die Waffen in die Hand und will alles eskalieren lassen.
Vom Sound her ein richtig geiler Track mit einem richtig schwerem, hartem Riff welcher den Rammstein-Sound hervorragend wiedergibt. Es ist einfach… rammsteinig und hätte noch rammsteiniger werden können, hätte man das Potential dabei noch weiter ausgereizt was jetzt keine negative Kritik oder sowas sein sollte. Es ist nur meine persönliche Ansicht.
Weiter geht das Album mit Dicke Titten. Wenn man sich den Track anhört und den dazugehörigen Text liest, wird man feststellen, daß dieses Lied keine Hymne, keine Ode an die Brüste der Frau ist was man durchaus vermuten könnte. Wobei man das Till Lindemann durchaus zutrauen kann, derartige Texte zu schreiben. Es geht einfach um jemanden, der wohl schon sehr lange keine Freundin, keine Frau mehr hatte und aus der puren Lust am Sex eine Frau mit richtig dicken Titten sucht. Einfach weil man darauf steht, weil es wohl ein Fetisch ist. Es ist die Fixiertheit auf das auffälligste aller weiblichen Geschlechtsmerkmale. Es ist einfach ein stumpfer Fetisch wenn man so will. Man will sich mit dieser Fixiertheit auf dieses Merkmal der Frau befriedigen und Spaß geben. Sie muss weder schön, noch reich (im Sinne von Geld und Wohlstand) noch sonst irgendwas haben, das ist alles völlig egal, hauptsache sie hat einen mächtigen Vorbau an dem man sich erfreuen kann.
Ein typisch rammsteiniger, harter und schmutziger Rammstein-Track mit hartem Sound. Einfach richtig hart und stumpf und dennoch richtig geil. Einfach Rammstein.
Daß die Welt einfach nur verrückt ist, sich ständig selbst bescheißt und verlogen sein kann, wird in Lügen. Jeder lebt doch irgendwie in seiner ganz persönlichen, eigenen Welt, jeder macht sich tagtäglich was vor, jeder belügt sich mehr oder weniger jeden Tag, den ganzen Tag lang. Ein jeder lebt in seiner ganz persönlichen Welt voller großer wie auch kleiner Illusionen. Wir belügen uns und unsere Mitmenschen, wollen es uns wie auch anderen Recht machen. Doch die Lügen sind stets nur ein von Menschen künstlich geschaffenes Konstrukt, ein Gebilde das immer mit aller Gewalt aufrecht erhalten werden muss während die Wahrheit immer natürlichen Ursprunges sind und sich selbst erhalten können. Beim Lügen kann man schnell mal Fehler machen und alles fliegt früher oder später sowieso auf. Doch jeder darf sich auch mal was vormachen, was wäre das nur für ein Leben, ohne Fantasie und Illusionen? Jeder darf sich auch mal was vormachen, solange er sich nicht zu sehr darin reinsteigert.
Die Welt ist ein Traum, eine Illusion.
Doch es gibt auf der Welt mehr als genug Lügner und Betrüger, notorische Lügner. Es gibt mehr als genug Münchhausens auf dieser Welt. Alles krankhafte, notorische Lügner denen nicht mehr zu helfen ist.
Die Wahrheit kann schon brutal und schmerzhaft sein. Sanft sind die Strophen, hart ist der Refrain.
Der Kontrast zwischen Lüge und Wahrheit wurde in diesem Track sehr gut umgesetzt. So bilden die ruhigen Strophen die traumhaften Lügen, während der harte Refrain die Wahrheit repräsentiert und diese Wahrheit ist, daß man sich und andere immer wieder bescheißt.
Sehr melancholisch, ja geradezu traurig geht es mit Adieu. Alles hat ein Ende, jeder geht eines Tages von uns, niemand lebt ewig. Im Leben heißt es auch mal, loszulassen. Jeder muss sich irgendwann mal eines Tages von jemand Geliebten trennen, ein jeder steht eines Tages auf der Liste und der Tod holt einen ab.
Es knüft ein wenig an den Track Zeit an wo man einfach den perfekten Moment genießen sollte. Doch die Zeit kann man nicht manipulieren, man kann sie nicht einfach anhalten, verlangsamen, beschleunigen, rückwärts gehen lassen bzw. zurück spulen. Sie geht unaufhaltsam vorwärts und geht stets ihren Weg vorwärts.
Alles hat ein Ende, alles, jeder und eines Tage auch diese tolle einzigartige Band Rammstein welche die Musikwelt auf ihre ganz eigene Weise unsicher gemacht und bereichert hat.
Alles, absolut alles ist vergänglich.
Meiner Meinung nach ist es ebenfalls eines der besten Tracks welches dazu noch einen sehr melodiösen Refrain hat. Es bildet einen wahrlich würdigen Abschluss dieses Albums. Und sollte es tatsächlich das Ende der Band einleuten wie viele es vermuten was jedoch glücklicherweise noch nicht bestätigt ist, dann ist dieses Lied auch ein würdiger Abschluss einer langen Karriere.
Ein düsteres Werk passend zur heutigen Zeit

Es ist eines der reifsten, erwachsenten und düstersten Alben von Rammstein die ich je gehört habe. Es lässt auf die Abgründe der Gesellschaft blicken, hält der Welt schonungslos den Spiegel vor und zeigt, was sie ist. Es zeigt, daß die Welt wahrlich nicht perfekt ist, überall hat alles und jeder seine hässlichen Seiten, seine Ecken und Kanten und vielleicht ist das auch gut so. Nichts und niemand kann und muss perfekt sein. Es ist für mich ein Stück weit besser als das unbetitelte Vorgängeralbum aus dem Jahre 2019. Vor allem auch deshalb, weil das aktuelle Album für meinen Geschmack etwas mehr Abwechslung bietet zwischen den “glatter” gespielten Tracks und jenen die rhythmischer, perkussiver und härter gespielten wie man wie man sie von Rammstein kennt. Es ist ein Kontrast zwischen stumpfen Haudrauf-Texten die von Gewalt und Sex handeln und ernsten, “erwachseneren” Themen wie Vergänglichkeit und menschliche Abgründe.
Rammstein haben sich seit ihrer Gründung im Januar 1994 über all die Jahre, eher sogar Jahrzehnte stetig weiterentwickelt, ist an ihren Erfahrungen gewachsen und man könnte auch sagen, längst erwachsen geworden.
Und gerade in Zeiten wie diesen wo so vieles richtig schief läuft, wo so unendlich viel unnötiges Leid zugetragen wird, spricht dieses Album den ganzen Wahnsinn an, gibt diesem eine Stimme. Es zeigt einfach nur die Abgründe der Menschheit und des Lebens, des eigenen Seins auf.
Wie hier schon einige Male angesprochen: Alles hat einmal ein Ende, so auch die Band. Irgendwann wird so oder so das unausweichliche Ende kommen, wir alle werden jeden Tag, mit jeder Sekunde älter und nicht jünger. Die Jungs von Rammstein steuern auf ihre 60 zu was aber nicht heißen soll, daß sie “zu alt” für die Musik werden könnten. Man schaue sich beispielsweise die Rolling Stones oder AC/DC an, sie sind noch deutlich länger im Geschäft und machen immer noch weiter.
Ob das nun wirklich das letzte Album der Band ist oder nicht, das kann heute noch keiner sagen. Das letzte Lied Adieu kann auch einfach nur ein würdiges Ende des Album bedeuten, ein Lied welches den Ausklang der aktuellen Platte bedeutet. Es kann sich einfach nur um das Thema Ende, Abschied und Vergänglichkeit handeln.
Ich denke, man sollte sich nicht um ein mögliches Ende der Band sorgen machen sondern die Zeit genießen, in der es sie noch gibt. Man sollte sich mit dem Bedauern um ein mögliches Ende alles madig machen, das ist auch nicht gut und damit tut man niemandem einen Gefallen, weder sich selbst noch der Band.
Man kann durchaus sagen, das aktuelle Machwerk Zeit ist das erwachsenste und ausgereifteste Rammstein-Album, für meinen Geschmack besser als das unbetitelte Vorgängeralbum. Es ist einfach voller Endzeitstimmung, es ist eine ganze Nummer ernster und härter. Es ist einfach Rammstein.